Geblendet vom Ego: Ich habe mich selbst belogen.


Bei meinen Blogposts ist es meistens so, dass ich über Sachen schreibe, die mich momentan beschäftigen oder sich in meinem Leben abspielen. Heute will ich über das Ego und seine Lügen schreiben. Ich habe schon mal über das menschliche Ego geschrieben und zwar in Bezug auf unsere Komfortzone. (Kleiner Spoiler: Ich werde auch in Zukunft mindestens noch einmal über das Ego schreiben.) Doch heute geht es um folgendes: Vor ein paar Wochen  ist etwas passiert (was nichts mit mir zu tun hat, deshalb gehe ich hier nicht näher drauf ein) was mich sehr aufgewühlt hat. Ein paar Tage nach diesem Ereignis als ich wieder schlafen und essen konnte und in meinen Alltag zurückgefunden habe, wollte ich endlich meine Bewerbung für einen Radiosender verfassen. Mitten im Prozess kam mir der Gedanke: „Ich will dieses Praktikum nicht.“  Und es ging hier nicht um Gemütlichkeit oder Angst, sondern es war einfach die Wahrheit. Ich wollte dieses Praktikum nicht. Ich habe in den letzten Jahren viele Sachen gemacht, die ich nicht wollte. Ich wollte nie zu einer Frauenzeitschrift. Ich geb ein Fick auf Herbstfarben und Locken ohne Hitze. Mich hat absolut kein einziges österreichisches Medium angesprochen, ich habe mir nur einfach die ausgesucht, die ich am wenigstens unattraktiv fand. Ich muss betonen, dass ich hiermit nicht versuche zu sagen, dass alle Medien in Österreich kacke sind, aber sie sind nichts für mich. Ich sehe mich nicht dort. Wisst ihr wie scheiße es sich anfühlt plötzlich draufzukommen, dass man die Sachen, auf die man hingearbeitet und geplant hat, eigentlich nicht will? Es ist auch beschissen sich einzugestehen, dass man gewisse Sachen nur wollte um etwas Anderes zu erreichen und dass es eigentlich nie um die Sache an sich ging. Ich wollte gewisse Sachen, weil sie meinem Ego schmeicheln. Wer sieht seinen Namen nicht gerne in irgendwelchen Zeitschriften. Ich dachte mir: „Okay dann schreibe ich jetzt eine beschissene A4 Seite über einen beschissenen Essie Nagellack, aber wenigstens habe ich etwas erreicht.“ Was habe ich erreicht? Mich für Praktika abzumühen in einer Branche, die mir am Arsch vorbeigeht? Wenn ich jetzt darüber nachdenke, kann ich garnicht nachvollziehen warum ich mich letzten März für 8 Frauenzeitschriften beworben habe. Nachdem mir das alles vor ein paar Wochen klar geworden ist, bekam ich Panik. Mein Moodboard mit den ganzen Zielen und Motivationen hatte absolut keine Bedeutung mehr. Es schien so, als hätte eine ganz andere Person dieses Moodboard gestaltet. Die Ziele und die Bilder hatten nichts mit mir zu tun. Und vielleicht hatten sie das auch nie, nur war ich geblendet. Geblendet von meinem Ego und dem falschen Stolz. Ich fühlte mich beschissen, weil ich absolut keine Ahnung hatte was ich will. Mein ganzes Leben lang habe ich Sachen nachgejagt um etwas zu erreichen. Das lustige daran ist, dass ich nicht mal genau wusste was ich erreichen wollte. Ich wollte etwas werden. Punkt. Ohne zu wissen was. Hauptsache ich erreiche und werde und habe Erfolg. Diese ganzen Gedanken haben mich dann irgendwann sehr fertig gemacht, weil ich nur zwei Optionen hatte: 1. Ich mache weiter und jage diesen Zielen nach, die mir tief im Inneren am Arsch vorbeigehen und rede mir ein, dass ich zufrieden und glücklich sein werde, wenn ich sie erreiche oder 2. Ich höre auf mich zu belügen und schiebe mein Ego zur Seite und überlege was ich wirklich will. Ich habe mich für Option Nummer zwei entschieden. Als ich mich von meinem Ego und dem ganzen Scheiß abgewandt habe, war relativ schnell klar was ich will. Schreiben. Das war schon immer so. Deshalb wollte ich in den Journalismus, nur mit der Zeit kamen andere Sachen dazwischen und haben meine Sicht getrübt. Ich will einfach nur schreiben. Bücher schreiben. Keine Sachbücher, keine Selbsthilfebücher, sondern Geschichten. Geschichten, die ich mir abends selbst erzähle seitdem ich 13 oder so bin. Eigentlich erzähle ich sie mir nicht, sondern schließe die Augen und spiele den Film ab. Es ist wie Tagträumen nur halt mit Absicht. Es ist ein fester Bestandteil meines Lebens. Ich sitze jetzt nicht zuhause und starre 6 Stunden die Wand an und fantasiere vor mich hin. Es ist wie wenn man einen Film schauen würde. Meine Geschichten haben Kapitel und Fortsetzungen und Charaktere mit Namen etc. Früher hat mir das alles etwas Angst gemacht und es hat mich genervt. Ich hatte das Gefühl ich investiere meine Kreativität  und Zeit etc. in Tagträume von denen ich nichts habe. Ich hatte Angst, dass ich mit 80 noch zuhause hocke und mir Geschichten ausdenke, anstatt im realen Leben zu leben. Doch irgendwann habe ich aufgehört das als etwas Schlechtes zu sehen. Jetzt denke ich mir, wenn ich mir eh schon seit meiner frühen Kindheit selbst Geschichten „erzähle“ und sie wie Filme in meinem Kopf abspiele, dann kann ich sie doch gleich zu Papier bringen. Ich habe die Kapitel und die Inhalte und die Personen schon, also theoretisch müsste ich das alles „nur“ noch aufschreiben. Und genau das ist mein Plan. Und weißt du was? Ich war schon lange nicht so glücklich und aufgeregt wegen etwas.

Kommentare

  1. Das finde ich schön. <3 Für die Liebesmüh (= dieser ganze Aufwand des lebenslangen Suchens) ist es nie zu früh, und sie ist nie vergeblich, daran glaube ich fest. Nur das Ausbrennen ist ein ständiger gefährlicher Begleiter, der immer mal wieder anklopfen kann. Aber es gibt nichts, das vergeblich ist.

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